Wie viele sicher mitbekommen haben, ließ Lutz Heilmann, ein Abgeordneter der Linken, die Wikipedia „sperren“. Eigentlich verbot er jedoch lediglich dem Wikimedia Deutschland e.V von ihrer Webseite, mit die eine Suche für die Wikipedia anbietet, auf die Adresse de.wikipedia.org der deutschen Enzyklopädie weiter zu leiten. Grund sei, dass im Artikel zu seiner Person falsche Fakten veröffentlicht worden wären und sah somit sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Deswegen war die Wikipedia seit dem 15. November nicht mehr über die Adresse wikipedia.de erreichbar.

Nun kann man sich fragen, wie unklug der Herr eigentlich ist. Statt nur den Artikel sperren zu lassen oder besser mit dem Wikipedia-Team in Kontakt zu treten, den Artikel zu bereinigen und eventuelle Anschuldigungen zu widerlegen, lässt er die Webseite des deutschen Vereins, welcher lediglich die Wikipedia durch Annahme von Spenden usw. fördert, sperren. Während er zuvor weitgehend unbekannt war, erlebt der kritisierte Wikipedia-Artikel dadurch einen riesigen Besucheransturm, denn auf die Wikipedia selber hatte die deutsche einstweilige Verfügung keinen Einfluss. Der Effekt des Besucheransturmes ist auch als sogenannter Streisand-Effekt bekannt.

Ziemlich viele Benutzer werden von dieser Sperre betroffen sein oder diese zumindest mitbekommen haben. Denn die einfacheren Internet-Nutzer werden vermutlich „wikipedia.de“ in die Adresszeile ihres Browsers eintippen und fortgeschrittenen Anwender, werden zumindest über News-Seiten im Internet davon mitbekommen haben. Dies ist auch bemerkbar daran, dass am Samstag über 16000 Euro Spenden bei der Wikipedia eingingen.

Zum Sonntag, den 16. November erklärte Heilmann dann auf seiner mittlerweile zusammengebrochenen Webpräsenz die Auseinandersetzung für beendet und bedauerte die Unannehmlichkeiten für die deutschen Wikipedia-Nutzer:

Ich bedaure außerordentlich, dass durch die von mir beantragte Einstweilige Verfügung des Landgerichts Lübeck die deutschen Wikipedia-Userinnen und User in den letzten 24 Stunden keinen direkten Zugriff mehr auf die Wikipedia-Inhalte hatten. Mir ging es dabei keineswegs um Zensur, sondern schlicht um eine wahre Tatsachendarstellung. Der juristische Weg hat sich dafür insoweit als problematisch erwiesen, als durch die Struktur von Wikipedia die anderen Userinnen und User in Mitleidenschaft gezogen werden. Das war nicht meine Absicht. Gemeinsam mit Wikimedia e.V. werde ich nach anderen Wegen suchen, um den offenen und freien Charakter von Wikipedia so weiter auszugestalten, dass Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben.

Auch hier zeigt sich, dass er wenig Ahnung von der Wikipedia hat, denn ein „direkten Zugriff […] auf die Wikipedia-Inhalte“ war ja weiterhin möglich. Allerdings war seine Rückzug zu dem Zeitpunkt noch nichts rechtskräftig, der Verein noch nicht davon unterrichtet. So steht die Adresse wikipedia.de erst ab den folgenden Tag wieder im vollen Umfang zur Verfügung.

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